Man
kann sich jetzt ausgiebig wundern. Über
die deutsche Übersetzung
bald noch mehr, als über den spanischen
Satz. Mit werden wird
in der Regel ein Ereignis beschrieben,
das in der Zukunft liegt. Diese Situation
haben wir hier ja offensichtlich nicht.
Hier haben wir die Beschreibung eines Ereignisses,
das von einem Zeitpunkt der Vergangenheit
aus betrachtet in der Zukunft liegt. In
der indirekten Rede wird die Nachzeitigkeit
nun mehr oder weniger konsequent durch
den Konditional ausgedrückt.
Er sagte,
er würde es tun.
Das heißt,
dass in der Vergangenheit jemand gesagt
hat, dass er irgendetwas in der Zukunft
tun wird. Hier haben wir aber keine indirekte
Rede. Man kann sich nun die Frage stellen,
ob man außerhalb der indirekten Rede
im Deutschen den Konditional verwenden
kann, wenn von einem Standpunkt der Vergangenheit
aus Zukünftiges geschildert wird.
a) Er würde den Stoff meines Kleides
durchschneiden,
würde wiederkommen
und die Operation immer wieder wiederholen.
b) Er wird den Stoff meines Kleides durchschneiden,
wird wiederkommen und
die Operation immer wieder wiederholen.
Im Deutschen ist die
Konstruktion mit würde zur Kennzeichnung
eines zukünftigen Ereignisses aus
der Sicht der Vergangenheit nur in der
Logik der consecution temporum möglich,
das heißt nur in Abhängigkeit
von einem Verb der mentalen Durchdringung.
Losgelöst von diesem Zusammenhang, überwiegt
der hypothetische Charakter. a) bedeutet,
dass er den Stoff des Kleides durchschneiden
würde, wenn eine Bedingung vorläge.
Ein solcher Zusammenhang ist hier aber
nicht gemeint, es soll Zukünftigkeit
ausgedrückt werden, und das geht außerhalb
der Logik der Zeitenfolge nur mit dem Futur
und zwar selbst noch dann, wenn der Bezugspunkt
in der Vergangenheit liegt.
Dies scheint
im Spanischen nicht so zu sein, denn auch
Julio Cortázar konstruiert mit einem
condicional I.
Vi que la media luna estaba
orientada de manera de cruzar la zona del
corazón.
Desgarraría la estameña
de mi sayo ...,
retornaría para
repetir la operación ... otra vez
..., otra vez ...
Eine Konstruktion mit einem futuro
wäre aber möglich gewesen.
Desgarrará la
estameña de mi sayo ...,
retornará para
repetir la operación ... otra vez
..., otra vez ...
Wir
könnten den Versuch
starten, den condicional dadurch zu rechtfertigen,
dass wir ihn innerhalb der Zeitenfolge
sehen, also in Abhängigkeit von dem
... Vi que ... Dann
wäre der Fall
klar, weil innerhalb der Zeitenfolge der
condicional Nachzeitigkeit ausdrückt,
wenn das einleitende Verb, wie hier, in
einer Vergangenheitszeit steht. Wir machen
uns aber wenig Hoffnung, dass der Leser
dieser Argumentation folgt.
Auch der englische
Orginalsatz konstruiert mit einem conditional.
It would fray the serge of my robe; it
would return and repeat its operations
-- again -- and again.
Damit ist aber die
Frage, ob man diesen Konditional hätte übernehmen
müssen,
noch nicht beantwortet. Das Englische bietet
keine Alternative an. Das Spanische und
das Deutsche hätten den Futur als
Alternative gehabt.
Die Tatsache, dass
im Einzelfall zwischen Zukunftsgerichtetheit
und hypothetischer Schilderung nicht unterschieden
werden kann, diskutieren wir in der Grammatik öfters,
z.B. im Kapitel
22.5.
Man sollte diese Problem aber nicht aufbauschen,
denn tatsächlich ist es so, dass ein
zukünftiger Sachverhalt immer auch
hypothetisch ist. |