"Unsere" Übersetzung
ist etwas frei und man kann sich auch fragen,
ob diese Übersetzung einem das Leben
tatsächlich erleichtert. Kritisch ist
das participio perfecto ...
recorrida ... zu betrachten.
Das participio perfecto im Spanischen
ist mächtig, kann viele Funktionen erfüllen,
hier allerdings wird er etwas strapaziert.
Das participio perfecto kann einen Relativsatz
ersetzen.
Los árboles plantados ofrecían
un abrigo contra el sol.
Los árboles
que se había plantado ofrecían
un abrigo contra el sol.
Das participio perfecto
kann einen Temporalsatz ersetzen.
Acabado
el trabajo, se fueron a la playa.
Después
de haber acabado el trabajo, se fueron a
la playa.
In unserem Beispiel könnte
man das participio perfecto höchstens
als verkürzten Temporalsatz ansehen,
in diesem Sinne würde er Vorzeitigkeit
ausdrücken. Das Problem dabei ist, der
Vorgang ist absolut nicht vorzeitig, sondern
wiederholt sich ständig. Wenn ein Pendel
immer denselben Winkel durchfährt, ist
völlig unklar, was daran vorzeitig sein
soll.
Wenn ein Mensch auf und ab schreitet,
können wir nicht mit einem Temporalsatz
konstruieren, wir können so was in der
Art nicht sagen.
Nachdem er 10 Meter gegangen
war, ging er dieselbe Strecke wieder zurück.
Tatsächlich können wir das aber
nicht sagen, weil dann gar nicht zum Ausdruck
kommt, dass er hin und her läuft. Beziehungsweise
wir könnten es, aber der Satz wird dann
verdammt lang.
Nachdem er 10 Meter gegangen
war, ging er dieselbe Strecke wieder zurück,
nachdem er dieselbe Strecke wieder zurückgegangen
war, ging er die Strecke wieder zurück,
nachdem er die Strecke wieder zurück-
gegangen war, ging er dieselbe Strecke wieder
zurück, nachdem er ... Ich glaube
wir lassen das besser. Das participio perfecto,
das einen Temporalsatz ersetzt, kann hier
nicht verwendet werden, und in dem englischen
Orginal ist auch weit und breit kein past
participle und kein Temporalsatz in Sicht.
Notwithstanding its terrifically wide sweep
(some thirty feet or more) and the hissing
vigour of its descent, sufficient to sunder
these very walls of iron, still the fraying
of my robe would be all that, for several
minutes, it would accomplish;
Und auch Julio
Cortázar verwendet kein participio
perfecto.
A pesar de su carrera terriblemente
amplia (treinta pies o más) y la sibilante
violencia de su descenso, capaz de romper
aquellos muros de hierro, todo lo que haría
durante varios minutos sería cortar
mi sayo.
Mit den zwei condicionales ...
haría
... und ... sería ... haben wir wenig
Sorgen. Der condicional simple wird einerseits
im ...dann Teil... eines Bedingungssatzes (Si yo
fuera rico, el dinero no me importaría
= Wenn ich reich wäre, interessierte
ich mich nicht für Geld) verwendet,
andererseits drückt er Zukünftiges
von einem Zeitpunkt der Vergangenheit her
aus. Das sind seine Grundfunktionen und in
in einer dieser Grundfunktionen, Schilderung
zukünftigen
Geschehens aus einem Zeitpunkt der Vergangenheit
heraus, wird er hier verwendet.
Wesentlich
mehr Probleme bereitet uns das pluscuamperfecto
de subjuntivo ...
que incluso hubiera podido cortar aquellas
murallas de hierro ... Er
rechtfertigt sich zwar durch den hypothetischen
Charakter des Geschilderten, wir können
uns aber trotzdem fragen, ob auch der condicional
compuesto hätte verwendet werden können,
ob der Satz auch so hätte lauten können.
A pesar de la gran dimensión de la
curva recorrida-unos treinta pies, más
o menos-y la silbante energía de su
descenso, que incluso
habría podido
cortar aquellas murallas de hierro, todo
cuanto podía hacer, en resumen, y
durante algunos minutos, era rasgar mi traje.
Dazu Vera Morales
"Im condicional simple
bzw. condicional compuesto ( oder in dessen
häufigen Ersatztempus pluscuamperfecto
de subjuntivo) steht ein Relativsatz, wenn
er den ...dann Teil... einer irrealen Hypothese über
direkt oder indirekt identifizierbare Personen
und Dinge darstellt (der wenn fällt
häufig weg).
No vale la pena hablar
de lo que habría / hubiera pasado.
Es lohnt sich nicht, von dem zu reden, was
geschehen wäre. "
Vera Morales,
Spanische Grammatik, dritte Auflage, München
1999, Seite 678
Wir erhalten also eine, für
unser Problem wesentliche Information. Das
pluscuamperfecto
de subjuntivo kann als Ersatztempus
für den condicional compuesta verwendet
werden. Weiter beschreibt Vera Morales auch
den Fall, den wir haben. Genau genommen ist
der Relativsatz ein Bedingungssatz, bei dem
allerdings die Bedingung fehlt. Der Pendel könnte die Metallmauern durchschneiden,
wenn er sie überhaupt erreichen würde.
Allgemein kann man wohl sagen, dass jeder
hypothetisch beschriebene Sachverhalt im
Grunde ein ...wenn
... dann ... Satz ist.
Vera Morales sagt aber genau genommen noch
was anderes. Er nennt den condicional compuesta
als den Regelfall, das pluscuamperfecto de
subjuntivo als ein mögliches Subsitut.
Man kann in unserem Satz also das pluscuamperfecto
de subjuntivo durch einen condicional
compuesto ersetzen.
Rätsel gibt uns allerdings
auch das imperfecto ...
todo cuanto podía
hacer ... auf. Besonders rätselhaft
wird das ganze, wenn man die Übersetzung
von Julio Cortázar dagegen hält,
er konstruiert mit einem condicional ...
todo lo que haría durante varios minutos
sería cortar mi sayo ... Es
soll nun also so sein, dass das imperfecto
... podía ... dieselbe
zeitliche Dimension ausdrücken
soll wie der condicional ...
haría
... Da müssen wir schon tief
in die Trickkiste greifen um uns das zu erklären.
Hierzu Vera Morales
"So wie das presente
Zukünftiges
hinsichtlich des gegenwärtigen Jetzt
bezeichnen kann, so kann das imperfecto Zukünftiges
hinsichtlich eines ehemaligen Jetzt bezeichnen:
Eran las cinco y media y el tren llegaba
a las seis, de modo que no había razón
para inquietarse. Es war halb sechs, und der
Zug sollte um sechs ankommen, zur Nervosität
bestand also kein Anlaß."
und
weiter unten
"Gemäß der hier
dargestellten Regel stellt das imperfecto
eine Alternative zum condicional bei der
Bezeichnung eines prospektiven Geschehens
dar."
Vera Morales, Spanische Grammatik,
dritte Auflage, München 1999, Seite
331
Die naheliegende Frage, die sich nun
jeder stellt, ist diese. Wenn das imperfecto
auch Zukünftiges aus der Sicht der Vergangenheit
ausdrücken kann, wie kann man es dann
von einem "echten" imperfecto unterscheiden.
Die Antwort ist schockierend. Gar nicht,
aber das ist manchmal auch egal. Egal ist
es, weil das imperfecto einen Vorgang der
Vergangenheit als nicht abgeschlossen beschreibt
und ein Vorgang, der in der Vergangenheit
nicht abgeschlossen ist, verweist zwangläufig
auf die Zukunft.
Als er es mir erzählte,
glaubte ich ihm.
Auch hier wird, aus der
Sicht der Vergangenheit gesehen, etwas Zukünftiges,
erzählt, weil er ihm eine Weile glaubte.
Trotzdem kann man sich darüber wundern,
weil in der Logik der Zeitenfolge und in
der Logik der indirekten Rede die Funktion
des imperfectos und die Funktion des condicionals
klar getrennt sind. Der eine steht für
Gleichzeitigkeit, der andere für Nachzeitigkeit.
Me dijo que lo hacía. Er sagte mir,
dass er es mache.
Me dijo que lo haría.
Er sagte mir, dass er es machen würde.
In unserem Fall allerdings kann uns niemand
daran hindern, den Satz auch anders aufzufassen.
Wir können ihn auch so verstehen, dass
der Pendel im Moment dabei ist, sein Kleid
zu zerschneiden. Es kann uns wenig daran
hindern, es als "echtes" imperfecto
zu sehen.
Das englische Orginal stellt aber
eindeutig auf die Zukunft ab, so dass es
besser gewesen wäre, diese Zweideutigkeit,
wie es Julio Cortázar getan hat, zu
vermeiden.
Notwithstanding its terrifically
wide sweep (some thirty feet or more) and
the hissing vigour of its descent, sufficient
to sunder these very walls of iron, still
the fraying of my robe would be all that,
for several minutes, it would
accomplish;
and at this thought I paused.
Julio Cortázar übersetzt
mit einem condicional
A pesar de su carrera
terriblemente amplia (treinta pies o más)
y la sibilante violencia de su descenso,
capaz de romper aquellos muros de hierro,
todo lo que haría durante varios minutos
sería cortar mi sayo. |