Wir haben
im vorigen und in diesem Satz zweimal das
Verb parecer und zwar einmal im imperfecto und einmal im indefinido
und fragen uns natürlich, warum es
einmal im imperfecto und einmal im indefindo
steht.
Mi barbilla apoyábase sobre
el suelo del calabozo, pero mis labios
y la parte superior de la cabeza, aunque
parecían colocados
a menos altura que la barbilla, no descansaban
en ninguna parte. Me pareció, al mismo tiempo, que mi frente se empapaba
en un vapor viscoso y que un extraño
olor a setas podridas llegaba hasta mi nariz.
Hinsichtlich der Zeiten konstruiert
Julio Cortázar ähnlich.
...
tenía el mentón apoyado en
el piso del calabozo, pero mis labios y
la parte superior de mi cara, que aparentemente
debían encontrarse a un nivel inferior al de la mandíbula,
no se apoyaba en nada. Al mismo tiempo
me pareció que
bañaba mi frente un vapor viscoso,
y el olor característico de los
hongos podridos penetró en
mis fosas nasales.
(Julio Cortázar
verwendet anstatt der Vermutungsformel
deber de schlicht
deber.
Dazu José Vera-Morales.
"Es kommt
sehr häufig vor, dass das DE
der Vermutungsformel DEBER DE weggelassen
wird; es kommt auch häufig vor, dass ein
DE vor die Infinitivergänzung von
deber sollen gesetzt wird. Diese Fehler
dürfen nicht nachgeahmt werden.
José Vera-Morales,
Spanische Grammatik, dritte Auflage, München
1999, Seite 273 (Was uns aber später
interessieren wird, ist die Tatsache, dass
er das imperfecto verwendet.)
Die schlüssigste
Erklärung für die unterschiedlichen
Zeiten im vorherigen Satz und in diesem
Satz ist wohl in dem Verb parecer selbst
zu suchen. Wie schon mehrfach erwähnt
beschreibt bei dem Verb parecer das imperfecto das andauernde der Imagination, das
indefinido das Eintreten der Imagination,
also den Moment, in dem das Imaginierte
zum ersten Mal geistig präsent ist
oder (wir haben diese Dualität schon öfter
gesehen) es beschreibt das Imaginierte
als einen abgeschlossenen Vorgang. Bei
dem imperfecto von parecer haben wir hier
auch gar kein konkretes Subjekt, vor dessen
geistigem Auge das Imaginierte erscheinen
kann. Die deutsche Übersetzung wäre
...es schien... und
das abstrakte Subjekt zeigt schon an, dass
es sich um eine andauernde Handlung handelt,
um eine Hintergrundhandlung; dem abstrakten
Subjekt kann
das Imaginierte gar nicht erscheinen.
Anders verhält es sich bei dem indefinido. Hier haben wir einen Dativ: me
pareció, mir
erschien. Diese Konstruktion zielt ab auf den Eintritt der
Imagination.
Es wäre eine Sprache
denkbar, bei der grundsätzlich der
Eintritt der Handlung mit einem indefinido
beschrieben wird, das Andauernde durch
das imperfecto. Es wäre eine Sprache
denkbar, bei der Verben wie llover,
nevar etc. im indefinido den
Beginn des Ereignisses beschreiben, das
imperfecto die Dauer. Weder im Spanischen
noch im Deutschen ist dies realisiert.
Im Spanischen ist das nur bei Verben der
mentalen Tätigkeit wie parecer, creer,
saber, conocer etc. realisiert. Der Autor
glaubt, ohne es zu wissen, dass im Russischen
dieser Ansatz konsequenter umgesetzt ist.
Vergleichen wir "unsere" Übersetzung
mit der Übersetzung von Julio Cortázar,
dann stellen wir hinsichtlich der Zeiten
einen Unterschied fest.
"Unsere" Übersetzung
Me pareció,
al mismo tiempo, que mi frente se empapaba
en un vapor viscoso y que un extraño
olor a setas podridas llegaba hasta
mi nariz.
Julio Cortázar
Al mismo
tiempo me pareció que
bañaba mi frente un vapor viscoso,
y el olor característico de los
hongos podridos penetró en mis fosas nasales.
Einmal heißt es
also ... llegaba
... und einmal ...
penetró ... wir
haben also einmal ein imperfecto und
einmal ein indefinido. Wat nu ? Beim
ersten Satz hängen die beiden imperferctos
... se empapaba
... und
... llegaba ... von
... Me pareció ... ab,
einem Verb der mentalen Durchdringung,
das folglich die Berücksichtigung
der Logik der consecutio temporum erzwingt.
Die imperfectos stehen für Gleichzeitigkeit.
Aber was ist mit dem Satz von Julio Cortázar?
Sollen wir jetzt irgendeine Hirngymnastik
machen und sagen, dass das ...
bañaba
... ein andauernder Zustand ist
und das ...
penetró ... eine
punktuelle Handlung? Das wird niemand so
richtig als überzeugendes Argument
akzeptieren. Schauen wir uns mal den Satz
von Julio Cortázar genau an. Hängen
wirklich beide imperfectos , also sowohl
... bañaba
... wie auch ...
penetró ... von
dem ... me pareció ... ab?
Schauen wir uns den Satz doch nochmal ganz
genau an.
Al mismo tiempo me pareció que bañaba
mi frente un vapor viscoso, y el olor característico
de los hongos podridos penetró en
mis fosas nasales.
Wir haben das que rot
markiert, und wie deutlich zu sehen, fehlt
es beim zweiten Teil des Satzes. Nur das
... bañaba
... hängt ab von
dem ... me parecío
... nicht aber
das ... penetró ... Ein
indefinido kann auch nie von einem Verb der
mentalen Durchdringung in einer Vergangenheitszeit abhängen.
Man könnte ohne großen Aufwand
den Satz umbauen, so dass sowohl das bañar wie
auch das penetrar von
dem ...me parecío... abhängt,
also so konstruiert, wie "unsere" Übersetzung
konstruiert.
Al mismo tiempo me pareció que bañaba
mi frente un vapor viscoso, que el
olor característico de los hongos
podridos penetraba en mis fosas nasales.
Natürlich
hätte auch
unabhängig von der consecution temporum
das imperfecto stehen können, man
hätte das Eindringen in die Nase als
andauernde Handlung beschreiben können,
hätte zu dieser Handlung andere Handlungen
als parallel verlaufend beschreiben können. Das wäre aber didaktisch nicht so
wertvoll gewesen, und höchstwahrscheinlich
hat Julio Cortázar aus didaktischen
Gründen hier mit einem indefinido
konstruiert, er wollte testen, ob der Leser
erkennt, dass dieses Verb nicht von dem
... me parecío
... abhängen
kann. Hätte er gleich mit dem imperfecto
konstruiert, wären alle in die Falle
gelaufen, hätten einen Zusammenhang
zu ... me parecío
... hergestellt,
der aber tatsächlich nicht vorliegt.
Julio Cortázar beschreibt das Eindringen
des Gestankes in seine Nasenhöhle
als punktuellen Vorgang, "unsere" Übersetzung
stellt die Gleichzeitigkeit des Wahrnehmens
mit Eindringen des Gestankes in den Vordergrund.
Da aber schon die Wahrnehmung durch das
indefinido als punktuelles Ereignis geschildert
wird, ist das Eindringen des Gestankes,
das imperfecto hat in der Logik der consecution
temporum seine ursprüngliche Funktion
verloren, ebenfalls ein punktueller Vorgang.
Bleibt nur noch die Frage zu beantworten,
welche dieser beiden Übersetzungen
dem englischen Orginal näher ist.
At the same time, my forehead seemed bathed
in a clammy vapour, and the peculiar smell
of decayed fungus arose to my nostrils.
Gleichzeitig schien meine Stirn gebadet
in einem klebrigen Dampf und der eigentümliche
Geruch verfaulter Pilze stieg zu meinen
Nasenhöhlen empor.
Im englischen Orginal
ist also nur das ...
bathed ... abhängig
von ... seemed ... nicht aber der Rest
des Satzes. Die Übersetzung Julio
Cortázars
ist also dichter am Orginal.
Ob wir das
Eindringen des Gestankes als Glied einer
Handlungskette,
oder als Parallelhandlung betrachten müssen, können
wir dem englischen Orginal nicht entnehmen.
Man hätte auch so übersetzen
können, die folgenden Handlungen als
Parallelhandlungen bezeichnen können.
Al mismo tiempo me pareció que bañaba
mi frente un vapor viscoso, que el
olor característico
de los hongos podridos penetraba en
mis fosas nasales. |