Der Fall
ist neu. Das indefinido ...
no noté al
principio una circunstancia ... ist
eindeutig eine Vorvergangenheit, liegt
vor ... llamó mi
atención ... Man hätte also
auch das Plusquamperfekt verwenden können,
im Spanischen wie im Deutschen.
En la confusión
de mi caída no había notado
al principio una circunstancia sorprendente
que segundos después, hallándome
todavía en el suelo, llamó mi
atención.
In meiner durch den Sturz
verursachten Verwirrung war mir anfangs
ein überraschender Umstand entgangen,
der aber, nur wenige Sekunden später,
noch immer auf dem Boden, meine Aufmerksamkeit
erregte.
Dass hier das indefinido anstatt
des pluscuamperfectos verwendet wird, lässt
sich durch zwei Argumente rechtfertigen.
José Vera-Morales, Spanische Grammatik,
Dritte Auflage, 1999, Seite 337 schränkt
die Verwendung des indefinido anstatt des
pluscuamperfectos zwar ein, beschreibt aber
dennoch Situationen, wo dies üblich
ist.
"Nach den Temporalkonjunktionen wie
cuando 'als' , tan pronto 'sobald', sowie
después de que 'nachdem' steht das
indefinido zur Bezeichnung der unmittelbaren
Vergangenheit (im Deutschen steht hier
oft das Plusquamperfekt): "
Als Beispiel
führt er dann unter anderem an:
¿Sabe
ya lo de la carta?
Sí, se la enseñé tan
pronto me llegó.
Das ist zwar nicht
ganz unser Fall, aber immerhin wird konzediert,
dass das indefinido auch eine Vorzeitigkeit
ausdrücken kann. Man kann das aber
auch alles anders sehen, und so hat es offensichtlich
der Übersetzer dieser Geschichte gesehen.
Es wird eine Kette von zwei Handlungen
beschrieben, und die Tatsache, dass diese
aufeinander folgen, wird durch das indefinido
verdeutlicht. Dafür spricht auch,
dass mit ...al principio... ein Zeitraum
genannt wird und innerhalb dieses abgeschlossenen
Zeitraums eine abgeschlossene Handlung
beschrieben wird, also ein klarer Fall
für das indefinido. So weit so gut.
Wir müssen jetzt nur noch herausarbeiten,
wann das indefinido nicht für das
pluscuamperfecto stehen kann. Man kann
also bestimmte Handlungen, die in
der Vorzeitigkeit realisiert wurden, nicht
einfach in eine Handlungskette einordnen,
denn wenn das immer ginge, wäre das
Plusquamperfekt ja überflüssig.
Also, auf zum letzten Gefecht. Wann geht
es nicht, wann kann das indefinido nicht
durch ein pluscuamperfecto ersetzt werden,
bzw. wann kann das pluscuamperfecto nicht
durch ein indefinido ersetzt werden?
Es sei noch einmal erwähnt, dass sich
der Deutsche hinsichtlich der Verwendung
indefinido / pluscuamperfecto auf seine "Intuition" verlassen
kann, das deutsche Plusquamperfekt entspricht
dem spanischen pluscuamperfecto.
Das Plusquamperfekt
kann nicht durch ein Imperfekt ersetzt
werden (und das pluscuamperfecto nicht
durch ein indefinido), wenn es auf die
Vorzeitigkeit wesentlich ankommt, wenn
die folgende Handlung mit der vorzeitigen
Handlung durch eine logische Beziehung
verknüpft ist, oder wenn die Vorzeitigkeit
der Handlung ein wesentlicher Bestandteil
der Aussage ist.
a) Als sie ihn erwischten,
hatte er das ganze Geld (schon) ausgegeben.
b) Als sie ihn erwischten, gab er das ganze
Geld aus.
Es ist wohl jedem klar, dass
a) und b) völlig unterschiedliche
Dinge bedeuten. Unterschiede ergeben sich
nur im ersten Teil des Satzes, weil ja
im Deutschen die Grenze zwischen Imperfekt
und Perfekt aufgeweicht ist. Deutsche sagen
auch so was.
Als sie ihn erwischt haben,
hatte er das ganze Geld (schon) ausgegeben.
Jede andere Variante also pretérito
perfecto oder indefinido anstatt pluscuamperfecto
respektive Perfekt / Imperfekt anstatt
Plusquamperfekt verändert den Sinn
des Satzes radikal.
korrekt: Cuando le
pillaron, (ya) había gastado todo
el dinero.
falsch: Cuando le pillaron, ha
gastado / gastó el dinero.
korrekt:
Als sie ihn erwischten, hatte er das ganze
Geld schon ausgegeben.
falsch: Als sie
ihn erwischt haben, hat er das ganze Geld
ausgegeben.
Mit der Konjunktion obwohl,
macht sich das Plusquamperfekt auch besser,
weil ...obwohl... einen kausalen Zusammenhang
herstellt.
a) Obwohl er ihn gewarnt hatte,
machte er es.
b) Obwohl er ihn warnte,
machte er es.
Es kann wohl festgestellt
werden, dass Deutsche, die jetzt in der
Seele ihres Gemütes forschen, dem
Autor zustimmen, wenn er sagt, dass bei
b) das Warnen und das Machen gleichzeitig
erfolgte, obwohl unser Vorverständnis
des Alltages uns wissen lässt,
dass eine Vorzeitigkeit vorliegt, also
a) richtiger wäre. Auch hier kann
das Plusquamperfekt nicht durch das Imperfekt
ersetzt werden. Wir können den Satz
nicht einfach als eine Kette von Handlungen
auffassen, denn die Handlungen sind logisch
verknüpft.
Besteht keine logische
Verknüpfung zwischen den Handlungen,
dann werden die Handlungen als eine Kette
von Handlungen aufgefasst und das indefinido
bzw. das Imperfekt vewendet. Bei einer
Kette von Handlungen ist klar, dass die
eine vor der anderen vollzogen wurde, das
ist dann aber egal.
Ich trank eine Kaffee,
zahlte und ging.
= Bebí un café,
pagé y me fui.
Jedem ist
klar, dass die Verwendung des Plusquamperfektes
hier deplaziert wäre.
falsch: Ich
hatte einen Kaffe getrunken, zahlte und
ging.
falsch: Había bebido un café,
pagé y me fui.
<>
Damit haben
wir die Regel.
1) Das pluscuamperfecto
kann (und muss, wenn der Sinn erhalten bleiben
soll) das indefinido nur dann ersetzen,
wenn zwischen den Handlungen eine logische
Verbindung besteht. Es kann das indefinido
nicht ersetzen, wenn die Handlungen lediglich
aufeinanderfolgen, aber nicht durch eine
wie immer auch geartete Logik verknüpft
sind, die eine Vorzeitigkeit erzwingt.
Besteht keine Beziehung zwischen den Handlungen,
ist es gleichgültig, ob die eine Handlung
zur anderen vorzeitig war oder nicht. In
den allermeisten Fällen wird durch
eine Konjunktion die logische Verknüfpung
zwischen den verschiedenen Handlungen hergestellt.
Er hatte die Bremsen nicht reparieren lassen,
deswegen versagten sie.
(nicht: Er ließ die
Bremsen nicht reparieren, deswegen versagten
sie.)
2) Im Deutschen, aber nicht im Spanischen,
ist das Imperfekt ein zweischneidiges Schwert.
Es wird verwendet, wenn zwei Handlungen
parallel laufen, wie auch bei Handlungen,
die aufeinander folgen. Was gemeint ist,
wird durch andere Mittel deutlich gemacht,
bzw. ist aus dem Kontext zu entnehmen.
Gleichzeitig: Er
trank einen Wein und schrieb einen Brief,
dann bezahlte er und verließ das
Restaurant. Nachzeitig: Er
trank einen Wein, schrieb dann einen Brief,
bezahlte und verließ das Restaurant.
Da das Imperfekt (im Deutschen) sowohl
parallel verlaufende Handlungen, wie auch
aufeinanderfolgende Handlungen beschreibt,
muss das Plusquamperfekt immer dann
verwendet werden, wenn es auf die Vorzeitigkeit
wesentlich ankommt.
a) Er liebte sie, aber
er konnte ihr nicht verzeihen.
b) Er hatte
sie geliebt, aber er konnte ihr nicht verzeihen.
c) Er hatte sie geliebt, aber er hatte
ihr nicht verzeihen können.
Die Sätze
bedeuten nicht das Gleiche. Bei a) liebt
er sich immer noch, bei b) liebt er sie
nicht mehr. Beide Sätze sind richtig,
beschreiben aber unterschiedliche psychische
Zustände. c) rückt die Handlung
in eine entferntere Vergangenheit; man
kann den Eindruck gewinnen, dass er ihr
inzwischen verziehen hat.
3) Das indefinido
beschreibt eine Handlung als in der Vergangenheit
abgeschlossen. Das ist aber nicht immer
erwünscht. Zum Beispiel kann man ausdrücken
wollen, dass eine Handlung der Vergangenheit
durch nachfolgende Ereignisse relativiert
worden ist.
Er hatte nie ernsthaft geglaubt,
dass er es schaffen würde, es war
der Mut der Verzweiflung, der ihn antrieb. |