Anmerkung zum Text El ingenioso Don Quijote de la Mancha


Anmerkung

I. Warum dieser Text?
II. Biographie von Cervantes
III. Deutung des Werkes
IV. Wie geht es weiter?

I. Warum dieser Text?

Dieser Text ist eine in vereinfachtem Spanisch geschriebene Nachdichtung des Don Quijote de la Mancha von Miguel de Cervantes Saavedra. Was den Punkt vereinfachtes Spanisch angeht, braucht man nicht viel zu sagen. Im Original ist der Text nur denen zugänglich, die Spanisch auf dem Niveau der Muttersprache beherrschen und selbst dann sind bei weitem nicht alle Wörter bekannt. Desweiteren wurde der Don Quijote erstmals im Jahre 1604 gedruckt (verkauft wurde er dann Anfang 1605). Obwohl das Spanische des 16. Jahrhunderts im Wesentlichen dem entspricht, was wir heute kennen, gibt es doch Abweichungen. Zweitens handelt es sich nicht um eine simple Vereinfachung, sondern um eine Nachdichtung. Der Autor dieser Nachdichtung geht davon aus, dass Cervantes gar nicht schreiben konnte, wie er wollte, denn hätte er dies getan, wäre das Buch nie gedruckt worden. Alles was im damaligen Spanien Macht hatte, das Königtum, die Kirche, die Militärs, hätten eine Veröffentlichung verhindert. Erstaunlich ist, dass es über den Quijote zwar ganze Wagonladungen an Literatur gibt, aber keine, die sich mit der Frage beschäftigt, was Cervantes überhaupt schreiben konnte, ohne massiven Repressalien ausgesetzt zu sein. Es geht bei dieser Nachdichtung also auch darum, den, teilweise stark verschlüsselten, transzendenten Gehalt des Werkes deutlich zu machen. Wir werden eine Seite zum Don Quijote machen, wo wir uns mit dieser Thematik, inwieweit Cervantes schreiben konnte, was er wollte, nochmal aus eher wissenschaftlicher Sicht beschäftigen. Dieser Text ist also keine reine "Nachdichtung". Er versucht den transzendenten Gehalt, der auch für den heutigen Leser einiges an Sprengkraft besitzt, pointiert darzustellen.

II Biographie von Cervantes

Miguel de Cervantes Saavedra ist eine der enigmatischsten Figuren der Weltliteratur. Nicht etwa deshalb, weil wir wenig über ihn wissen, nichts über seine Bildung, was ihn beeinflusst hat; nicht weil wir über sein Leben nur punktuell informiert sind. Details über die Biographie wären auch kaum erhellend, weil zwischen konkretem Erleben und der Verarbeitung desselben Welten liegen können. In Insolvenz geraten viele Unternehmen, aber nur ein Thomas Mann schreibt darüber ein wirkmächtiges Buch. Viele verlieben sich, aber nur ein Goethe schreibt die Leiden des jungen Werther. Die Biographie interessiert uns eigentlich grundsätzlich nur bedingt; die Biographie ist lediglich ein weiterer Roman. Die Unkenntnis der biographischen Details allein ist es also nicht, was Cervantes zu einer enigmatischen Figur macht. Rätselhaft ist Cervantes, weil man kaum verstehen kann, wie ein Mensch seiner Zeit vierhundert Jahre voraus sein kann. Wie man so viel Pech haben kann und ein solch souverän lustiges Buch schreiben kann. Man kann einfach nicht verstehen, wie jemand, noch bevor alle Ideologien für immer auf der Müllhalde der Geschichte gelandet sind, sich über Ideologien so grandios amüsieren konnte. Die Menschheit hat noch dreihundert Jahre gebraucht, bis sie das Niveau eines Cervantes fast erreicht hatte. Um auf das Niveau eines Cervantes zu kommen fehlt aber noch die letzte Erkenntnis. Auch wenn alle Ideologien gescheitert sind und die Menschheit an den Abgrund geführt haben, die Heilsbringer die Auslöschung der Menschheit billigend in Kauf genommen haben, ist der Horizont noch offen und wird ewig offen bleiben. Im Don Quijote haben wir eine Demaskierung aller Ideologien, wir haben den unbedingten Aufbruch, die Landung haben wir nicht. Wir haben sie auch nicht in Goethes Faust, 200 Jahre später. Das ist es, was uns Cervantes so rätselhaft erscheinen lässt. Wer die Kraft hat sich in so widrigen Lebensumständen über alle Ideologien lustig zu machen und in der Negation der Utopie die Utopie als wesentlich zum Menschen gehörend zu beschreiben, muss eine Moral aus Stahl haben.

Geboren wurde Miguel de Cervantes Saavedra zwischen dem 29. September und dem 9. Oktober 1547 in Alcalá de Henares (28 km nördlich von Madrid). Das genaue Datum ist nicht bekannt. Der Name Miguel legt den 29. September nahe, weil dies der Gedenktag des Erzengels Michael ist und es damals üblich war, Kinder nach den Heiligen zu benennen, deren an ihrem Geburtstag gedacht wurde. Am 9. Oktober wurde er dann getauft, wodurch klar ist, dass er an diesem Tag schon auf der Welt war. Er war das sechste von insgesamt sieben Kindern. Sein Vater, Rodrigo de Cervantes, betätigte sich als "cirujano-barbero". Darunter hat man sich jemanden vorzustellen, der Amputationen vornahm, Zähne zog, Blut abnahm, Gallensteine entfernte und Ähnliches. Das alles ohne Betäubung, Hygiene und medizinisches Fachwissen. Bedingt durch die Tätigkeit des Vaters, zog die Familie oft um, ohne dass sich die prekären wirtschaftlichen Verhältnisse verbesserten. 1553 ließ sich die Familie in Córdoba nieder, wo Cervantes 1555 eingeschult wurde. 1556 zog die Familie nach Sevilla, welches durch die Verpflichtung den gesamten Handel mit Südamerika dort abzuwickeln zu einigem Wohlstand gekommen war. 1566 zog die Familie wieder um, diesmal nach Madrid, welches 1551 Sitz des Königs Phillip II geworden war. Möglicherweise hat Cervantes in Madrid die Universität besucht. Überliefert ist aus dieser Zeit ein Gedicht von ihm, in einer Sammlung, die zu Ehren der dritten Ehefrau von Phillip II, Isabel de Valois, herausgegeben wurde. 1569 reiste er nach Italien. Der Grund hierfür könnte gewesen sein, dass er in der Nähe des königlichen Palastes einen gewissen Antonio de Segura angegriffen hatte. Das Tragen von Waffen war in der Nähe der königlichen Residenz verboten und wurde mit der Amputation der linken Hand bestraft. Ein möglicher Grund für den Aufenthalt Cervantes in Italien könnte gewesen sein, dass er sich dieser Bestrafung entziehen wollte. Dort trat er in den Dienst der Armada, die unter Führung von Juan de Austria, eines Halbbruders von Phillip II (Phillip II / Karl V <=> Isabell von Portugal, Juan de Austria Karl V <=> Barbara Bloomberg) zusammengezogen wurde und unter Beteiligung der Republik Venedig die Vorherrschaft des Osmanischen Reiches im Mittelmeer brechen wollte. Am 7.Oktober 1571 kommt es zur Schlacht bei Lepanto (heute Griechenland), in der die osmanische Flotte eine schwere Niederlage erlitt. In dieser Schlacht wird Cervantes von drei Pfeilen einer Armbrust getroffen. Einer durchtrennt einen Nerv der linken Hand, so dass die Beweglichkeit dieser Hand stark eingeschränkt wird. Insgesamt scheinen die Verletzungen aber nicht besonders schwer gewesen zu sein, denn schon 1573 und 1574 kämpft er in Korfu und Sizilien. Im selben Zeitraum hält er sich auch eine Zeitlang in Neapel auf und hat eine Affäre mit einer Frau, die er in Gedichten mit dem Namen Silena verewigt. Aus dieser Verbindung geht ein Sohn hervor. Bezeugt ist weiterhin ein Aufenthalt in Rom, wo er für den Kardinal Aquaviva, den er schon von Madrid her kennt, tätig wird. Am 20. September 1575 besteigt er die Sol um nach Spanien zurückzukehren. Ausgestattet ist er mit einem von Juan de Austria unterzeichnetem Schreiben, dass seine Verdienste bei der Schlacht von Lepanto würdigt und es ihm erleichtern soll, eine Stellung bei Hofe zu ergattern. Genau dieses Schreiben wird ihm aber zum Verhängnis, als sein Schiff auf der Höhe von Marseille von Piraten aufgebracht und zusammen mit seinem Bruder Rodrigo nach Algier verschleppt wird. Aufgrund dieses Schreibens halten die Piraten ihn für eine bedeutende Persönlichkeit und stellen unrealistisch hohe Lösegeldforderungen. Aus dieser Gefangenschaft versucht Cervantes viermal zu flüchten. Die Schilderung dieser Fluchtversuche beruht auf unsicheren Quellen. Eine Schilderung dieser Fluchtversuche findet sich im Werk von Diego de Haedo, wobei aber zwei Personen, Onkel und Enkel, den gleichen Namen tragen. Ersterer war Erzbischof von Palermo, letzterer Abt in Palencia. Einer von beiden schildert in dem Buch Topografia e historia general de Argel die Gefangenschaft Cervantes. Da aber weder der eine noch der andere jemals in Algier war, nimmt man als eigentlich Autor Antonio de Sosa an, der tatsächlich einige Zeit zusammen mit Cervantes in Algier festgehalten wurde.

1) Das erste Mal wollte er und sein Bruder, geführt von einem Einheimischen, nach Orán (350 km westlich von Algier) flüchten. Orán war damals noch unter spanischer Herrschaft. Die Flucht scheiterte, weil der Führer sie auf halbem Wege verließ, so dass sie nach Algier zurückkehren mussten. Die Flucht hatte zur Folge, dass Cervantes von nun an stärker bewacht und in Ketten gelegt wurde.

2) Die zweite Flucht fällt mit dem Freikauf seines Bruders zusammen. Woher das Geld kam, ist unklar. Manchen Quellen ist zu entnehmen, dass die zwei Schwestern von Cervantes, Andrea y Magdalena, die die Konkubine eines reichen Madrileños waren, gegen diesen einen Prozess anstrengten, als er heiratete, da dies ihre Einnahmen schmälerte. Folgt man diesen Quellen, wurde die erstrittene Abfindung für die Befreiung von Rodrigo verwendet. Andere Quellen sprechen nur davon, dass die Mutter von Cervantes das Geld organisiert habe. Rodrigo organisierte dann in Spanien ein Schiff, das vor Algier vor Anker ging. Der Plan war, dass Cervantes und vierzehn Leidensgenossen auf diesem Schiff flüchten sollten. Das Schiff wurde jedoch entdeckt und aufgebracht. Cervantes wurde daraufhin fünf Monate in Einzelhaft gehalten.

3) Beim dritten Versuch wollte Cervantes wieder Oran erreichen. Er sendete einen Boten zu Martín de Córdoba, dem damaligen Oberbefehlshaber dieser spanischen Festung, und bat um einen Führer. Der Bote wurde aber ebenfalls abgefangen und Cervantes zu zweitausend Peitschenhieben verurteilt, die ihm allerdings erlassen wurden.

4) Der vierte Versuch ähnelt nun am meisten der Geschichte, die ihm Don Quijote erzählt wird. Cervantes hatte von einem Händler aus Valencia, der sich in Algier aufhielt, Geld bekommen. Mit diesem kaufte er ein Boot, mit dem 60 christliche Gefangene flüchten konnten. Der Plan wurde aber von einem seiner Leidensgenossen verraten.

Freigekauft wurde er schließlich, nach fünf Jahren, durch die Intervention von Antonio de la Bella und Juan Gil, zwei Mönchen. Woher das Geld kam, ist unklar. Entweder von der Mutter von Cervantes, von Spenden in Algier ansässigen christlichen Händlern oder von dem oben erwähnten Diego de Haedo.

Zurück auf der iberischen Halbinsel, setzt sich die Serie aus Pleiten, Pech und Pannen fort. Die Versuche Cervantes eine Anstellung bei Hofe zu finden scheitern. Aus einer Beziehung mit Ana Villafranca in Madrid geht eine Tochter hervor. 1584 heiratet er in Esquivías (in der Region La Mancha) Catalina de Salazar y Palacios. Die Ehe ist unglücklich und kinderlos. Cervantes reist zwischen Madrid und Esquivías hin und her. In diese Zeit fällt die Veröffentlichung, sieht man von dem oben genannten Gedicht ab, sein erstes Werk, Galatea, für das er 1300 Reales enthält (1300 Reales ~ 81 Escudos: Also nicht gerade viel, wenn man bedenkt, dass 500 Escudos für seine Freilassung bezahlt worden waren). In dieser Zeit machte er auch die Bekanntschaft des weit erfolgreicheren Lope de Vega. 1587 lässt er sich in Sevilla nieder und arbeitet dort als Steuereintreiber, eine Tätigkeit, die ihm ebenfalls nicht viel Glück einbringt. 1597 wird er angeklagt und wegen Veruntreuung von Geldern zu fünf Monaten Haft verurteilt. Nach seinen eigenen Aussagen kam ihm hier zum ersten Mal die Idee zu Quijote.

"Y así, ¿qué podrá engendrar el estéril y mal cultivado ingenio mío, sino la historia de un hijo seco, avellanado , antojadizo y lleno de pensamientos varios y nunca imaginados de otro alguno, bien como quien se engendró en una cárcel, donde toda incomodidad tiene su asiento y donde todo triste ruido hace su habitación?"

Don Quijote de la Mancha, Prólogo

Zwischen 1604 und 1606 lässt sich Cervantes, seine Frau, seine uneheliche Tochter, seine zwei Schwester und seine Mutter in Valladolid nieder, wo Phillip II zu dieser Zeit residierte. Als dieser den Regierungssitz nach Madrid verlegt, folgen sie ihm nach Madrid.

Im Jahre 1605 erscheint dann, in Madrid, der erste Teil des Don Quijote de la Mancha, was dem Autor zwar schlagartig viel Ruhm einbrachte, aber nur wenig Geld, da schnell zahlreiche Raubkopien kursierten. Zwischen der Publikation des ersten Teiles des Don Quijote und dem zweiten Teil im Jahre 1615, erschienen die Novelas ejemplares und el Viaje a Parnaso. 1616 starb Cervantes in Madrid.

III. Deutung des Werkes

Ob der Paukenschlag reflektierend hingesetzt wurde oder unbewusst entstand, lässt sich kaum sagen. Manchmal scheint es so, dass Cervantes einen Gedanken bewusst literarisch gestaltet, manchmal hat man den Eindruck, dass er seine Sicht der Dinge eher unbewusst entwickelt. Rätselhaft sind allerdings die verschiedenen Interpretationen des Werkes, die im Verlaufe der Jahrhunderte geliefert wurden, die einige Stellen herausgreifen und andere, zu der jeweiligen Interpretation weniger passende, beharrlich übersehen. Wer in Don Quijote einen Idealisten sieht, der übersieht beharrlich, was eigentlich nicht zu übersehen ist. Der Idealismus Don Quijotes schlägt laufend um in Ideologie oder, moderner ausgedrückt, in einen ideologischen Überbau, der das Verbrechen legitimiert. Wer in Don Quijote einen Träumer sieht, der übersieht beharrlich, dass er selbst noch einen Sancho Pansa mitreißen kann, was er ja nicht könnte, wenn es keiner Träume bedürfte. Wer meint, dass Cervantes eine Parodie auf die Ritterromane hatte schreiben wollen, der wird die Frage beantworten müssen, warum ihm dies eine Herzensangelegenheit hätte sein sollen. Niemand käme ja schließlich auf die Idee, eine Parodie auf die Romane von Karl May zu schreiben. Plausibler ist das: Cervantes wollte vielleicht eine Karikatur auf die Ritterromane schreiben, aber manches spricht dafür, dass die Bibel der Urtyp des Ritterromans ist. Als Blasphemie bezeichnet Don Quijote die Kritik des Canónigo an den Ritterromanen, also als Gotteslästerung und stellt damit die Ritterromane auf dieselbe Stufe wie die Bibel. Den Wahrheitsgehalt dieser in Frage zu stellen, kann durchaus, vor allem für einen Menschen der Renaissance, eine Herzensangelegenheit sein.

Als Parodie auf die Ritterromane soll das Werk zu seiner Zeit aufgefasst worden sein, so die Behauptung. Stützen kann sich diese Behauptung nur auf das Vorwort zum Don Quijote, wo Cervantes selbst sagt, dass eine Kritik an den Ritterromanen seine Intention sei. Das mag sogar stimmen, aber welcher Ritteroman war gemeint? Der, der gemeint war, konnte ja nicht genannt werden. Einzelne Passagen des Don Quijote wurden von der Inquisition tatsächlich gestrichen. Hätte Cervantes die Inquisition nicht intellektuell überfordert, hätten die Inquisitoren die Andeutungen verstanden, wäre das Werk nie veröffentlicht worden. Niemand hat jemals untersucht, noch den Versuch gestartet, es zu untersuchen, ob das Publikum im 17. Jahrhundert im Don Quijote tatsächlich eine Parodie der Ritterromane sah. Wahrscheinlicher ist etwas anderes. Damit ein Werk in das kollektive Bewusstsein der Menschheit eindringt, zum Mythos wird, muss es einer einfachen, aber allen sehr eindringliche Erfahrung Ausdruck verleihen. Das "Hässliche Entlein" steht für die Schönheit, die aber nicht erkannt wird, weil ihr Umfeld sie nicht erkennen kann. "Die kleine Seejungfrau" steht für den Menschen, der sich nach Gemeinschaft sehnt, aber eben diese nicht erträgt. Schillers "An die Freude" für den Traum, dass das Trennende überwunden werden kann. Der Don Quijote verleiht vielen Erfahrungen Ausdruck. Braucht man zur Erklärung des Erfolges des Don Quijote die Parodie auf die Ritterromane oder ist es nicht eine alle prägende Erfahrung, dass man nur ein Leben lebt und in einem kleinen Dorf, hinter einem Ochsen laufend oder am Fließband stehend dieses eine Leben auch noch ziemlich eintönig ist? Dass man den Wunsch haben kann, auszubrechen? Ist das erste Thema, die Parodie auf die Ritterromane, für die Menschheit prägend oder das zweite? Hat die Menschheit jemals die Frage beschäftigt, ob Ritterromane eine Gefahr darstellen? Bestand ein Bedarf, diese zu parodieren? Wohl kaum. Aber Ideologen und Päpste, die die Realität nach ihren Bedürfnissen zurechtbogen, auf die Schippe zu nehmen, konnte tatsächlich eine Herzensangelegenheit sein. Zumindest genauso plausibel, wie die These, dass der Don Quijote als eine Parodie auf die Ritterromane aufgefasst worden ist, sich hierin sein Erfolg beim damaligen Publikum gründet, ist die These, dass die radikale Ideologiekritik verstanden wurde; die damaligen Leser im unbedingten Aufbruch ohne Ankunft ihr eigenes Leben gespiegelt sahen.

Zwei wesentliche Punkte wurden genannt: Ideologiekritik und Aufbruch ohne Ankunft. Tatsächlich ist das Werk aber äußerst komplex, thematisiert die Bedeutung der Literatur, parodiert den Ehrbegriff im Spanien des Siglo de Oro, handelt von der Authentizität der Gefühle und Identität, von der Liebe, die scheitern muss, wenn sie ihre Erfüllung findet. Zu der Mannigfaltigkeit an Themen gesellt sich noch die Problematik, dass manche Stellungnahmen kalkuliert und reflektiert vorgetragen werden, bei anderen man jedoch, z.B. das Schwanken Don Quijotes zwischen Ideologie und Idealismus, den Eindruck hat, dass Cervantes eher unbewusst das Spannungsfeld entwickelt. Mit einer klassischen "Interpretation", also mit einer Art von Text, wie Sie ihn gerade lesen, ist dem Werk nicht mehr beizukommen. Am ehesten kann man sich diesem Werk in einer Nachdichtung nähern, wenn man sich von Kapitel zu Kapitel von dem treiben lässt, was der Don Quijote suggeriert. Das haben wir gemacht.

IV. Wie geht es weiter?

Wenn wir Zeit haben, was äußerst selten der Fall ist, werden wir das Thema noch mal aus eher wissenschaftlicher Sicht angehen und sukzessive eine komplette Seite zum Don Quijote kreieren. Zu klären sind folgende Fragen.

1) Welche Stellung hatte die Inquisition im Spanien des 16. Jahrhunderts und inwieweit hat Cervantes die Inquisition beim Schreiben berücksichtigt. Bekannt ist, dass einige Passagen tatsächlich zensiert wurden. Vieles ist aber auch durchgerutscht. Als Cervantes zum Beispiel einen Rosenkranz betet, als er in der Einöde den Amadis de Gaula nachahmt, ist wohl niemand auf die Idee gekommen, dass damit die fahrenden Ritter zu einer Religionsgemeinschaft erhoben wurden. Es hat auch niemanden gestört, dass Don Quijote nicht erschüttert ist, als er von einem Mönch exkommuniziert wird, denn das ist auch schon Cid Capeador passiert, in seiner Religion spielt das keine Rolle. Don Quijote, der Verrückte, hatte offensichtlich Narrenfreiheit, wobei niemandem auffiel, dass seine Religiosität sich von der christlichen gar nicht so sehr unterscheidet. Der Don Quijote ist unter diesem Blickwinkel äußerst geschickt geschrieben. Auch die Darstellung der Flucht eines christlichen Gefangenen aus Algier, ist äußerst geschickt. Mit der direkten Intervention der Jungfrau Maria werden christliche Heilsgeschichten zwar parodiert, aber Cervantes hätte sich immer auf den Standpunkt zurückziehen können, dass er dies für so wahrscheinlich hält, wie einen über das Wasser laufenden Jesus.

2) Im Blickfeld von Philologen stehen nun mal Philologen. Liest man die Sekundärliteratur zum Don Quijote durch, so wird die Rezeptionsgeschichte des Don Quijote an der Rezeption durch die Philologen festgemacht, die aber mit der Rezeption im Allgemeinen nichts zu tun hat. Man wird die Rezeption eines literarischen Werkes heute kaum daran messen, wie es von irgendeinem Professorchen rezipiert wurde. Anders ausgedrückt, über die tatsächliche Rezeption des Don Quijote wissen wir faktisch nichts. Wir wissen nicht, ob die Andeutungen und Anspielungen im Don Quijote verstanden wurden, doch genau davon ist eigentlich auszugehen. Man müsste also Werke heranziehen, die zur gleichen Zeit entstanden sind, etwa den Lazarillo de Tormes. Dessen Erfolg beruht ja zum Teil auf seiner Verhöhnung des Klerus. Kann ich nicht sein, dass das damalige Publikum gewitzter war, als man vermuten könnte und in Don Quijote auch den Ideologen sah?

3) Auf der Seite www.der-fahrende-ritter.de (wo bislang nichts ist), werden wir unsere Version und das Original kontrastierend gegenüberstellen.

Wie alle Projekte der infos24 GmbH ist auch dies ein ongoing project. Sukzessive werden alle Gedichte vertont und alle Kapitel bebildert.

Kommt Zeit, kommt Rat, bis dahin

have fun !





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