Kapitel 7: Zusammengesetzte Zeiten


7.1 Einleitung zusammengesetzte Zeiten

Wie im Deutschen gibt es auch im Spanischen, wie wohl in jeder indogermanischen Sprache, zusammengesetzte Zeiten, also Zeiten, die aus einem Hilfsverb und einen Partizip gebildet werden. Im Deutschen haben wir zwei Zeiten der Vergangenheit, die mit einem Hilfsverb gebildet werden: das Perfekt und das Plusquamperfekt.

Perfekt Plusquamperfekt
Ich habe gegessen.
Du hast gegessen.
Er hat gegessen.
Wir haben gegessen.
Ihr habt gegessen.
Sie haben gegessen.


Ich hatte gegessen.
Du hattest gegessen.
Er hatte gegessen.
Wir hatten gegessen.
Ihr hattet gegessen.
Sie hatten gegessen.


Hinsichtlich der zusammengesetzten Zeiten der Vergangenheit ergeben sich nun zwischen dem Spanischen und Deutschen Unterschiede.


Unterschiede im Zeitensystem des Spanischen und des Deutschen, Details siehe Kapitel 7.4

  1. Deutlicher als im Deutschen erfüllen die zusammengesetzten Zeiten im Spanischen eine andere Funktion als die nicht zusammengesetzten und die Sensibilität der Spanier für eine nicht regelkonforme Verwendung ist höher.
  2. Es gibt mehr Zeiten der Vergangenheit im Spanischen, die obendrein auch noch deutlich unterschieden werden. Es gibt im Spanischen zwei nicht zusammengesetzte Zeiten, pretérito imperfecto und pretérito indefinido und drei zusammengesetzte, pretérito perfecto, pretérito pluscuamperfecto und pretérito anterior, wobei letztere nur eine geringe Bedeutung hat.
  3. Das Spanische bildet die zusammengesetzten Zeiten der Vergangenheit nur mit haber und nicht wie das Deutsche mit haben oder sein.
  4. haber hat nicht mehr gleichzeitig die Bedeutung von haben im Sinne von besitzen. Diese Bedeutung gab es zwar mal historisch, sie ist aber nur noch in einem Überbleibsel (No hay zumo de naranja, es gibt keinen Orangensaft) vorhanden.


Im Deutschen muss man die Fälle, wo das Imperfekt nicht gegen das Perfekt austauschbar ist, suchen.

richtig:
Ich habe gerade gegessen, ich bin satt.
falsch:
Ich aß gerade, ich bin satt.


Da gehen die meisten Deutschen wohl noch mit. Ob allerdings die Definition des Duden, welche besagt, dass das Präteritum immer dann gewählt wird, wenn ein Geschehen im Sprechzeitpunkt vergangen oder abgeschlossen ist, generell zutrifft, müsste anhand empirischer Studien untersucht werden. Man müsste tatsächlich untersuchen, wieviele Deutsche diesen Satz



Gestern regnete es.
besser als diesen
Gestern hat es geregnet.

empfinden. Formal richtig ist
Gestern regnete es. Prinzipiell kann aber gesagt werden, dass das Perfekt eine in der Vergangenheit vollzogene Handlung beschreibt, die aber für die Gegenwart noch eine Bedeutung hat.

A: Kommst Du heute?
B: Nein, ich habe gestern mein Auto zu Schrott gefahren und bin jetzt ohne fahrbaren Untersatz.
(nicht: Nein, ich fuhr gestern mein Auto zu Schrott und bin jetzt ohne fahrbaren Untersatz).

Das Imperfekt im Deutschen steht auch, wenn Handlungen aneindandergereiht werden.

Ich kam, sah und siegte und nicht ich bin gekommen, ich habe gesehen und ich habe gesiegt.



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