Bemerkungen zu dem Spanisch der iberischen Halbinsel und zum Spanisch Südamerikas 

Die spanische Aussprache ist, bis auf das berühmte r, auf das wir im Teil Aussprache ausführlich eingehen, einfach. Eine detailliert Analyse des Lautsystems, wie wir sie bei der www.franzoesisch-lehrbuch.de gemacht haben und teilweise auch auf der www.italienisch-lehrbuch.de und der www.englisch-lehrbuch.de , wäre nicht sinnvoll, wir haben es von daher unterlassen und uns darauf beschränkt, den gesamten Kurs zu vertonen. Punkt. Ende der Durchsage. Wer Spanisch kann, kann sich im gesamten Spanisch sprechenden Raum problemlos verständlich machen.

Was jetzt kommt, brauchen Sie nicht zu lesen. Trotzdem kann man mal ein paar Worte darüber verlieren, insbesondere über die Unterschiede zwischen südamerikanischem Spanisch und dem Spanisch der iberischen Halbinsel, da sie ja im Handel Kurse finden, die vorgeben, das eine oder das andere zu vermitteln und damit suggerieren, dass es sowas überhaupt gibt, ein Spanisch der iberischen Halbinsel und ein Spanisch Südamerikas. Das ist nämlich Unsinn, so etwas gibt es nicht. Spricht man vom Spanisch der iberischen Halbinsel, dann ist der Akzent gemeint, der in der Gegend von Burgos, Salamanca, León gesprochen wird. Diesen Akzent haben Sie in den zips, die mit "spanisch" gekennzeichnet sind. Das ist die "Norm" der iberischen Halbinsel. Das ist allerdings nicht der Akzent, den Sie auf der gesamten iberischen Halbinsel finden. Arbeiten Sie länger mit diesem Kurs, in den tatsächlich Tonbeispiele aus den verschiedensten Gegenden der iberischen Halbinsel integriert sind (entweder in den "paseos" oder unter "ejercicio", werden Sie feststellen, dass es auch Akzente gibt, die von dieser "Norm" abweichen. Hüten Sie sich davor, über spanische Akzente ein Urteil zu fällen, es bringt nichts. Es bringt auch im Deutschen nicht viel. Etwas verwickelter ist die Situation in Südamerika. Einen einheitlichen "Akzent" der in ganz Südamerika als Norm akzeptiert würde, gibt es nicht. Auf die Idee, das Spanische Südamerikas als Einheit zu sehen, kommen nur die Leute, die aufgrund gemeinsamer Merkmale, die für alle Akzente Südamerikas typisch sind (kein "th" wie in Zaragoza, helleres "ch", weichere Tonmelodie) dieses als Einheit auffassen. Fiktiv wird die Sache aber schon dann, wenn man unter Südamerika eine Einheit versteht. Südamerika setzt sich zusammen aus sehr vielen unterschiedlichen Ländern, mit jeweils eigenem Radio, Fernsehen, Zeitungen etc., die in der Lage sind, einen jeweils spezifischen Akzent als Norm zu etablieren.
Südamerikaner sind, hatten sie Kontakt zu anderen Südamerikanern, in der Lage aufgrund des Akzentes die Herkunft zu bestimmen. Jenseits dieses im jeweiligen Land als "Norm" geltenden Akzentes, gibt es dann aber auch Akzente, die nicht mehr der Norm des jeweiligen Landes entsprechen. In Kolumbien zum Beispiel gilt das Spanische an der Küste als von der kolumbianischen Norm abweichend, in Bolivien entspricht das Spanische
in St.Cruz nicht der Norm etc. Es wird zwar verstanden, aber an diesen Akzenten entzünden sich dann die gleichen Diskussionen, die wir auch vom Deutschen her kennen. Wie genau die Spanisch sprechende Welt die jeweiligen Akzente bewertet, ist schwer zu ermitteln. Der Autor hat hier mal eine statistisch nicht repräsentative Umfrage gestartet. Wahrscheinlich ist es so, dass die Südamerikaner jeden offiziellen Akzent Südamerikas als
gleichwertig ansehen, wohingegen Spanier öfters, aber keinesfalls immer (!), Akzenten gegenüber eine eher ablehnende Haltung einnehmen. Unter Umständen ist die Ablehnung dann besonders hoch, wenn der Sprecher die "Norm" auf der iberischen Halbinsel spricht. Das Muster der Diskussion unterscheidet sich also höchstwahrscheinlich nicht grundlegend von dem in anderen Sprachen zum selben Thema geführten Diskussion. Die Diskussion an sich ist zwar nicht besonders spannend, dafür taucht sie aber alle paar Jahre wieder auf und wird dann mit denselben Argumenten wieder geführt. Auch der Kernwortschatz, das ist vielleicht sogar wichtiger, als die verschiedenen Akzente, ist überall der Gleiche. Wer aber sehr tief einsteigt, wird
feststellen, dass jedes Land ein spezifisches (auch wenn dieses nur sehr klein ist) Vokabular besitzt, das nur in dem jeweiligen Land benutzt wird. Vacano (toll), chévere (toll), quadrar (planen) findet man nur in Kolumbien, mono (hübsch), pasada (Gaudi) nur in Spanien, der Guagua ist nur auf den Kanaren und in manchen Ländern Südamerikas ein Bus und die chompa nur in Bolivien ein Pullover. In einem sehr, sehr geringen Umfang, der als Anekdote interessant, aber faktisch bedeutungslos ist, haben Wörter
auch eine andere Bedeutung. Auch wenn der öffentliche Nahverkehr in Mexiko mittels camiones (Lastwagen) durchgeführt wird, fahren die Mexikaner in Bussen durch die Stadt und nicht in Lastwagen. Wer allerdings in Mexiko im Restaurant eine tortilla bestellt, bekommt eben keinen "Kartoffelkuchen", sondern Crepes auf Maisbasis. Auf sehr, sehr hohem Niveau, also bei bekannten Schriftstellern wie Mario Vargas Llosa, Julio Cortázar, Gabriel García Márquez etc. etc. kann das spefizische Vokabular zum Problem werden. Man braucht dann tatsächlich einen Internetanschluss, um die Bedeutung eines Wortes zu ermitteln. Metaphysik für Fortgeschrittene ist dann die Frage, nach der ästhetischen Wirkung der spanischen Akzente. Während wir
uns bei deutschen Dialekten sehr schnell einig werden, dass ein Gedicht, zu etwas völlig anderem wird, wenn es in Dialekt vorgetragen wird (Beispiel hier), sind spanische Akzente in der Regel ästhetisch neutraler. Man kann also z.B. ein Gedicht von Gustavo Adolfo Bécquer in jedem Akzent vortragen. Das Wesentliche bleibt erhalten.




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