Kapitel 25: Verbalperiphrasen


Treffer für die Verwendung der Konstruktion quedar + gerundio zur Beschreibung des VERHARRENS in einem Zustand sind nun über google sehr einfach zu finden, sie sind Legion.

Beispiel
Elisa no viene, se quedó estudiando en la biblioteca.
=> Elisa kommt nicht, sie ist in der Bibliothek geblieben und liest.
Ayer me quedé leyendo hasta las dos de la madrugada.
=> Gestern hab ich bis um zwei Uhr morgens gelesen.
Me quedé hablando con ella hasta las diez.
=> Ich habe bis um zehn Uhr mit ihr geredet.
Me quedé charlando con ella toda la noche.
=> Ich habe die ganze Nacht mit ihr geplaudert.

Die naheliegend Frage ist nun, ob die Konstruktion mit quedar + gerundio zur Beschreibung eines Verharrens in einem Zustand / einer Handlung sich semantisch von der schlichten Konstruktion mit einer Zeit unterscheidet, ob man also diesen Satz

a) Me quedé hablando
durch einen dieser Sätze ersetzen könnte.

Beispiel
b) Hablé con ella.
c) Hablaba con ella.
d) Estaba hablando con ella.
e) Estuve hablando con ella.

Jede dieser Sätze ist isoliert betrachtet richtig, bzw. in einem gewissen Kontext möglich.

Beispiel
b) Abgeschlossener Vorgang, in abgeschlossener Vergangenheit. Üblicherweise als Handlung innerhalb einer Kette von Handlungen.
Hablé con ella otra vez, pero no pude convencerla.
=> Ich habe noch mal mit ihr gesprochen, konnte sie aber nicht überzeugen.
c) Zum Beispiel bei regelmäßig wiederkehrenden Ereignissen.
Hablaba con ella muy a menudo, pero nunca me decía su nombre.
=> Ich habe oft mit ihr gesprochen, aber sie hat mir nie ihren Namen gesagt.
d) Zum Beispiel wenn es wesentlich darauf ankommt, eine Handlung als sich im Prozess befindlich zu schildern, was zum Beispiel dann der Fall ist, wenn diese sich im Prozess befindliche Handlung unterbrochen wird.
Estábamos hablando de él, cuando de repente apareció en la puerta.
=> Wir sprachen gerade von ihm, als er in der Tür erschien.
e) Wenn unterstrichen werden soll, dass die Handlung zwar andauert, aber keine Bedeutung für die Gegenwart hat.
Ayer estuve hablando con ella sobre eso, pero no me dijo nada nuevo.
=> Ich sprach gestern kurz mit ihr darüber, aber sie sagte mir nichts Neues.

Keiner dieser Sätze bringt aber das "Verharren" in einem Zustand / einer Handlung zum Ausdruck.

Zwar kann man mit „verharren“ die Konstruktion quedar + gerundio zur Beschreibung eines anhaltendes Zustandes nie übersetzen, aber eigentlich wäre das der semantische Wert. Wer jetzt partout nicht einsieht, was mit der Konstruktion quedar + gerundio gemeint ist, kann sich das an diesen Sätzen klar machen.

Beispiel
Ich bleibe sitzen.
Ich sitze.

In beiden Sätzen führt das Subjekt die identische Handlung im gleichen Zeitraum (der Gegenwart) aus. Man kann nicht mal sagen, dass die Handlung in den beiden Sätzen unterschiedlich lange ausgeführt wird. Kommt nun aber jemand zur Tür herein, wird er, wenn er höflich ist, sagen: „Bleiben Sie sitzen!“ (Quédese sentado!). „Setzen Sie sich“ wird er nicht sagen, denn das tut derjenige ja bereits. In seltenen (wohl sehr seltenen Fällen) ist es auch im Deutschen notwendig, zwischen dem Verharren in einem Zustand und der schlichten Beschreibung eines Zustandes zu unterscheiden.

Sehr oft kann man anstatt quedar + gerundio auch estar + gerundio verwenden. Nicht möglich ist die Substitution aber dann, wenn das „Verharren in einem Zustand" wesentlicher Bestandteil der Aussage ist.


Beispiel
a) El teléfono sonó, pero me quedé durmiendo. => Das Telefon klingelte, aber ich schlief weiter.
b) El teléfono sonó, pero estaba durmiendo. => Das Telefon klingelte, aber ich schlief.

a) und b) sind nun sehr ungleich. Bei a) hat er mehr oder weniger bewusst den Hörer nicht abgenommen und hat weitergeschlafen. Bei b) hat er nicht mal gemerkt, dass das Telefon überhaupt geklingelt hat.

a) Nos sorprendió una borrasca, pero nos quedamos sentados.
=> Plötzlich ging ein Unwetter nieder, aber wir blieben sitzen.
b) ~Nos sorprendió una borrasca, pero estuvimos sentados.
=> ~ Plötzlich ging ein Unwetter nieder, aber wir saßen da.

Bei diesem Beispiel wird es dann auch im Deutschen urig. Das „Verharren“ ist die Aussage, die die zwei Teilsätze logisch verbindet. Fehlt dieses Moment, dann suggeriert die Konjunktion eine adversative Beziehung zwischen irgendwo sitzen und dem Unwetter, die aber nicht besteht.

Ist das „Verharren“ aber nicht sachlogisch begründet, sondern eher subjektiv, dann kann beides stehen.

Nos quedamos charlando un rato. => Wir quatschten noch eine Weile
Estuvimos charlando un rato. => Wir quatschten noch eine Weile.

Möglich, dass Muttersprachler in den letzten Beispielsätzen Unterschiede erkennen, aber in Anbetracht der Tatsache, dass auch bei deutlicher wahrnehmbaren semantischen Unterschieden die Übergänge sehr fließend sind, ist kaum davon auszugehen, dass solche Unterscheidungen in einem solchen Fall noch gemacht werden.




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